Rezension Geshe Yeshe Tobden: Der Weg des sanften Kriegers
„Der indische Mönch Shantideva verfasste im 8. Jahrhundert ein Lehrgedicht in zehn Gesängen, das in poetischer Form Anweisungen für die Praxis des Bodhisattva-Weges gibt. Das berühmte Kapitel 9 enthält eine konzise Darstellung der Leerheitsphilosophie gemäß der Madhyamaka-Prasangika-Sichtweise.
Wegen seiner dichterischen Schönheit und gedanklichen Tiefe erfreut sich der Text im tibetischen Buddhismus großer Beliebtheit und wird sehr oft gelehrt und kommentiert.
Der vorliegende Band ist ein typisches Beispiel für mündliche Belehrungen zu diesem Text, wie sie tibetische Lamas häufig erteilen. Er basiert auf Unterweisungen, die der Gelugpa-Lama Yeshe Tobden (1926-1999) in Italien gab. Wie in der tibetischen Tradition üblich, wird der „Wurzeltext“ durch die scholastische Erläuterung von Begriffsreihen, die Erzählung von exemplarischen Geschichten und konkreten Praxisanweisungen kommentiert. Die Lebendigkeit dieser mündlichen Tradition kommt in dieser Bearbeitung gut heraus, man spürt, dass Geshe Tobden den Text nicht zur studiert, sondern auch durchmeditiert hat. Oft sind die Abschriften von Belehrungen tibetischer Lamas schlampig ediert und schlecht übersetzt, dies kann man von „Weg des sanften Kriegers“ zum Glück nicht sagen, die Übersetzung aus dem Italienischen ist sehr zuverlässig.
Es ist sehr zu begrüßen, dass der Diamant-Verlag damit zum ersten Mal auf Deutsch einen traditionellen, zuverlässigen Kommentar zu Shantideva zugänglich gemacht hat. Er ist allen Praktizierenden des tibetischen und Mahayana-Buddhismus zu empfehlen, die sich mit dem Bodhisattva-Weg näher beschäftigen möchten.“
Thomas Lautwein in Buddhismus Aktuell, Ausgabe 2/04, S. 54